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Die wahren Kosten der TV-Verbreitungswege

Die Weichen für den TV-Markt von morgen werden heute gestellt. Jetzt beschäftigt sich eine neue Studie von Arthur D. Little mit den langfristigen Auswirkungen der derzeitigen strukturellen Veränderungen auf dem Markt aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive und gelangt zu überraschenden Einsichten in Bezug auf die Zukunft von DVB-T, Web-TV und Pay-TV.
Die neue Studie von Arthur D. Little, „TV platforms in Germany – 2014 and beyond”, kommt in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass DVB-T derzeit die niedrigste Total Cost of Ownership (TCO oder Gesamtkosten) pro Haushalt bietet, während Web-TV und IPTV für die Anbieter die margenträchtigsten Angebotsformen sind. In der Studie analysieren die Berater von Arthur D. Little die derzeitigen Trends auf dem deutschen Markt in Sachen Technologie, Markt und Regulierung und welche Auswirkungen diese auf die Zukunft der deutschen TV-Landschaft haben werden. Über die Total Cost of Ownership Analyse liefert die Studie wertvolle Erkenntnisse über die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen TV-Verbreitungswege.
„Eine der zentralen Entwicklungen, die wir auf dem deutschen Markt sehen, ist der Trend zu bezahltem HD-Fernsehen“, so Lars Riegel von Arthur D. Little. „Dies wird einen signifikanten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Infrastrukturbetreiber haben.“ Schon heute konzentrieren sich RTL und ProSiebenSat.1 auf bezahltes HD-Fernsehen, der Satellitenbetreiber Astra hat mit HD+ erste Schritte in diese Richtung unternommen. Diese Tendenz wird weitergehen und am Ende dürfte eine Entwicklung weg von dem „Free-TV Markt“ stehen, den wir derzeit in Deutschland mit einem Pay-TV-Anteil von unter 18% haben.
Außerdem könnten aktuelle Überlegungen in Politik und Regulierung Auswirkungen auf DVB-T haben. So steht zur Debatte, das bisher vom Rundfunk genutzte Frequenzband um 700 MHz an den Mobilfunk umzuwidmen, und in diesem Zusammenhang wird immer wieder angeregt, stattdessen stärker auf Web-TV als Distributionsweg zu setzen. Den Ergebnissen der ADL-Studie zufolge ist dies jedoch auf Sicht kein gangbarer Weg. Web-TV wird derzeit zu einem Gutteil von den Netzbetreibern subventioniert, die zu 41 Prozent an der Total Cost of Ownership für diese Verbreitungsform beteiligt sind.
„Web-TV zur breitflächigen Versorgung der Bevölkerung mit TV bringt in der derzeitigen Konstellation keine fairen Vergütungsmodelle für die Netzwerk-Infrastruktur-Betreiber mit sich“, so der Berater Riegel.
DVB-T wiederum bietet mit 20 Euro die niedrigste TCO pro Haushalt und ist je nach Betrachtungsweise um 1,6 bis zu 8,3 Mal kosteneffizienter als konkurrierende Verbreitungsformate. Die Kosten werden jedoch allein von den Programmveranstaltern getragen. Für die Kunden ist DVB-T die günstigste Variante des Fernsehens. Aufgrund der derzeitigen politischen Diskussionen sollte auch nicht aus den Augen verloren werden, dass die hypothetische Migration aller DVB-T beziehenden Haushalte auf andere Formate mit signifikanten Kosten verbunden ist: Die Schätzungen für die einmaligen Kosten einer solchen Abschaltung liegen bei EUR 984 Millionen sowie weiteren jährlichen Folgekosten von EUR 423 Millionen, für die größtenteils die Zuschauer aufkommen müssten.
Der deutsche TV-Markt ist mit seinen derzeitigen Entwicklungen in den Fokus der internationalen Medienbranche gerückt. Die Entwicklung vom Free-TV zum Pay TV Markt wird international stark beobachtet. Investoren und Unternehmen analysieren, was die Entwicklungen in Deutschland für Ihre Märkte bedeuten.
Zusammenfassend sagt Lars Riegel: „Heute wird über die Zukunft des TV-Marktes entschieden, wir durchleben derzeit den Siedepunkt der Entwicklungen. Dabei zeigt sich schon heute, dass alle fünf Plattformen eine Daseinsberechtigung haben. Unseren Berechnungen zufolge ist DVB-T für Nutzer zwar die kostengünstigste Plattform, zeigt aber auch die zentrale Schieflage auf dem Markt. Bei DVB-T übernehmen ausschließlich die Sender die Kosten, bei Web TV wiederum zahlen die Netzbetreiber. Beide Formate sind daher für beide Anbieter mit einer „Giftpille“ versehen. Zudem wird WebTV auch in der näheren Zukunft aufgrund der Diskussion um die Netzneutralität und der Kosten für die Netzbetreiber kein gangbarer Weg sein.“
Zu den weiteren derzeitigen Trends auf dem TV-Markt in Deutschland zählen:

  • Auf allen Seiten herrscht der Wunsch, dass Deutschland als Markt lukrativer werden soll. Allerdings sind noch viele Fragen über das „wie“ offen. Dahinter stecken auch strukturelle Veränderungen in der Eigentümerstruktur der Sender im Markt und deren Renditeansprüche.
  • Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sehen wir diverse Shareholder-Wechsel im deutschen TV Umfeld. (Kabel Deutschland wurde von Vodafone akquiriert, bei Pro7 und RTL gab es Verschiebungen in den Shareholder-Strukturen.)
  • Privatsender wie RTL, Pro7 oder Sat1 erweitern ihr Geschäftsmodell zunehmend um Bezahlfernsehen in HD-Qualität und wollen das Free-TV hinter sich lassen.
  • Öffentlich-rechtliche Sender prüfen derzeit die Einstellung der Gebührenzahlung an die Kabelnetzbetreiber mit dem Argument, dass es ausreichend alternative TV-Plattformen gebe.
  • Die aktuellen Diskussionen um eine Digitale Dividende II (Rundfunkfrequenzen für den Mobilfunk) können negative Konsequenzen für die Weiterentwicklung von DVB-T haben.
  • Zudem reißt der Streit über die Netzneutralität von Web-TV Anbietern nicht ab. Schließlich übertragen sie auf Kosten der Netzwerkbetreiber ihre Inhalte zu den Nutzern und beanspruchen damit einen großen Teil der zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität für ihren Geschäftsbetrieb.

Die vollständige Studie steht unter folgender Adresse zum Download bereit:
www.adlittle.com/German_TV

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Die wahren Kosten der TV-Verbreitungswege

Die Weichen für den TV-Markt von morgen werden heute gestellt. Jetzt beschäftigt sich eine neue Studie von Arthur D. Little mit den langfristigen Auswirkungen der derzeitigen strukturellen Veränderungen auf dem Markt aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive und gelangt zu überraschenden Einsichten in Bezug auf die Zukunft von DVB-T, Web-TV und Pay-TV.
Die neue Studie von Arthur D. Little, „TV platforms in Germany – 2014 and beyond”, kommt in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass DVB-T derzeit die niedrigste Total Cost of Ownership (TCO oder Gesamtkosten) pro Haushalt bietet, während Web-TV und IPTV für die Anbieter die margenträchtigsten Angebotsformen sind. In der Studie analysieren die Berater von Arthur D. Little die derzeitigen Trends auf dem deutschen Markt in Sachen Technologie, Markt und Regulierung und welche Auswirkungen diese auf die Zukunft der deutschen TV-Landschaft haben werden. Über die Total Cost of Ownership Analyse liefert die Studie wertvolle Erkenntnisse über die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen TV-Verbreitungswege.
„Eine der zentralen Entwicklungen, die wir auf dem deutschen Markt sehen, ist der Trend zu bezahltem HD-Fernsehen“, so Lars Riegel von Arthur D. Little. „Dies wird einen signifikanten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Infrastrukturbetreiber haben.“ Schon heute konzentrieren sich RTL und ProSiebenSat.1 auf bezahltes HD-Fernsehen, der Satellitenbetreiber Astra hat mit HD+ erste Schritte in diese Richtung unternommen. Diese Tendenz wird weitergehen und am Ende dürfte eine Entwicklung weg von dem „Free-TV Markt“ stehen, den wir derzeit in Deutschland mit einem Pay-TV-Anteil von unter 18% haben.
Außerdem könnten aktuelle Überlegungen in Politik und Regulierung Auswirkungen auf DVB-T haben. So steht zur Debatte, das bisher vom Rundfunk genutzte Frequenzband um 700 MHz an den Mobilfunk umzuwidmen, und in diesem Zusammenhang wird immer wieder angeregt, stattdessen stärker auf Web-TV als Distributionsweg zu setzen. Den Ergebnissen der ADL-Studie zufolge ist dies jedoch auf Sicht kein gangbarer Weg. Web-TV wird derzeit zu einem Gutteil von den Netzbetreibern subventioniert, die zu 41 Prozent an der Total Cost of Ownership für diese Verbreitungsform beteiligt sind.
„Web-TV zur breitflächigen Versorgung der Bevölkerung mit TV bringt in der derzeitigen Konstellation keine fairen Vergütungsmodelle für die Netzwerk-Infrastruktur-Betreiber mit sich“, so der Berater Riegel.
DVB-T wiederum bietet mit 20 Euro die niedrigste TCO pro Haushalt und ist je nach Betrachtungsweise um 1,6 bis zu 8,3 Mal kosteneffizienter als konkurrierende Verbreitungsformate. Die Kosten werden jedoch allein von den Programmveranstaltern getragen. Für die Kunden ist DVB-T die günstigste Variante des Fernsehens. Aufgrund der derzeitigen politischen Diskussionen sollte auch nicht aus den Augen verloren werden, dass die hypothetische Migration aller DVB-T beziehenden Haushalte auf andere Formate mit signifikanten Kosten verbunden ist: Die Schätzungen für die einmaligen Kosten einer solchen Abschaltung liegen bei EUR 984 Millionen sowie weiteren jährlichen Folgekosten von EUR 423 Millionen, für die größtenteils die Zuschauer aufkommen müssten.
Der deutsche TV-Markt ist mit seinen derzeitigen Entwicklungen in den Fokus der internationalen Medienbranche gerückt. Die Entwicklung vom Free-TV zum Pay TV Markt wird international stark beobachtet. Investoren und Unternehmen analysieren, was die Entwicklungen in Deutschland für Ihre Märkte bedeuten.
Zusammenfassend sagt Lars Riegel: „Heute wird über die Zukunft des TV-Marktes entschieden, wir durchleben derzeit den Siedepunkt der Entwicklungen. Dabei zeigt sich schon heute, dass alle fünf Plattformen eine Daseinsberechtigung haben. Unseren Berechnungen zufolge ist DVB-T für Nutzer zwar die kostengünstigste Plattform, zeigt aber auch die zentrale Schieflage auf dem Markt. Bei DVB-T übernehmen ausschließlich die Sender die Kosten, bei Web TV wiederum zahlen die Netzbetreiber. Beide Formate sind daher für beide Anbieter mit einer „Giftpille“ versehen. Zudem wird WebTV auch in der näheren Zukunft aufgrund der Diskussion um die Netzneutralität und der Kosten für die Netzbetreiber kein gangbarer Weg sein.“
Zu den weiteren derzeitigen Trends auf dem TV-Markt in Deutschland zählen:

  • Auf allen Seiten herrscht der Wunsch, dass Deutschland als Markt lukrativer werden soll. Allerdings sind noch viele Fragen über das „wie“ offen. Dahinter stecken auch strukturelle Veränderungen in der Eigentümerstruktur der Sender im Markt und deren Renditeansprüche.
  • Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sehen wir diverse Shareholder-Wechsel im deutschen TV Umfeld. (Kabel Deutschland wurde von Vodafone akquiriert, bei Pro7 und RTL gab es Verschiebungen in den Shareholder-Strukturen.)
  • Privatsender wie RTL, Pro7 oder Sat1 erweitern ihr Geschäftsmodell zunehmend um Bezahlfernsehen in HD-Qualität und wollen das Free-TV hinter sich lassen.
  • Öffentlich-rechtliche Sender prüfen derzeit die Einstellung der Gebührenzahlung an die Kabelnetzbetreiber mit dem Argument, dass es ausreichend alternative TV-Plattformen gebe.
  • Die aktuellen Diskussionen um eine Digitale Dividende II (Rundfunkfrequenzen für den Mobilfunk) können negative Konsequenzen für die Weiterentwicklung von DVB-T haben.
  • Zudem reißt der Streit über die Netzneutralität von Web-TV Anbietern nicht ab. Schließlich übertragen sie auf Kosten der Netzwerkbetreiber ihre Inhalte zu den Nutzern und beanspruchen damit einen großen Teil der zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität für ihren Geschäftsbetrieb.

Die vollständige Studie steht unter folgender Adresse zum Download bereit:
www.adlittle.com/German_TV