4 min read •

Online-Vertrieb in der Autoindustrie

<p>Wie das Internet erfolgreich in den Verkaufsprozess eingebunden werden kann</p>

Die Automobilbranche tut sich nach wie vor schwer mit dem Vertriebskanal Internet. In einer neuen Studie befragte die Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little 1.000 Verbraucher in den Märkten Deutschland, USA und China zu Einstellungen und Nutzungsverhalten in Bezug auf Online-Sales für Neuwagen. Das Ergebnis: Mehr als ein Drittel der Verbraucher halten es für sehr wahrscheinlich, einen Neuwagen im Internet zu kaufen – in China sind dies sogar 86 %. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass Automobilhersteller derzeit noch nicht auf das geänderte Kundenverhalten eingestellt sind.
Dabei könnten die Autohersteller bei einem Blick auf andere Branchen, welche bereits erfolgreich Online-Vertrieb betreiben, die Vorteile für sich und für die Verbraucher entdecken: sofortige Verfügbarkeit der Produkte, Preisvorteile, Nutzerfreundlichkeit und die erfolgreiche Übertragung der „Exklusivität“ des Produkts in diesen neuen Verkaufskanal. Ein Vergleich der Antworten aus den drei Ländern zeigt: Für Kunden aus den USA und Deutschland, welche ein Auto über das Internet kaufen würden, wäre der Preis der ausschlaggebende Faktor. Allerdings spielen auch die größere Nutzerfreundlichkeit  und Unabhängigkeit von Terminen bei Autohändlern eine große Rolle (in Deutschland und den USA jeweils 74%). Für 67% der potentiellen chinesischen Käufer hingegen ist als wichtigstes Merkmal die gebotene Exklusivität des Online-Vertriebs – z.B. Special Editions, exklusive Ausstattungsvarianten – bedeutender als mögliche Preisvorteile (für 64% „wichtig“).
Daneben haben sich in den vergangenen Jahren auch das Verhalten und die Erwartungen der Verbraucher verändert: Für viele Menschen ist der Kauf eines neuen Fahrzeugs heute weniger ein emotionaler Akt als vielmehr eine rationale Entscheidung. Bleibt die Frage, warum sich die Hersteller mit dem virtuellen Kanal so schwer tun? Studienautor und Automotive-Experte Dr. Andreas Gissler, Director in der Automotive und Manufacturing Group bei Arthur D. Little: „Die Zahlen belegen, dass ein Großteil der Kunden den Online-Neuwagenkauf heute eigentlich erwartet – schließlich kann man sich seit langem fast alles über das Internet nach Hause liefern lassen. Mit der Integration eines zusätzlichen Online-Kanals für den Vertrieb könnte insbesondere das jüngere Kundensegment angesprochen werden, das Premium OEMs für die Umsetzung ihrer Wachstumsstrategien gezielt ansprechen wollen.“
Laut der Umfrage geht es für das jüngere Kundensegment vor allem darum, neue Kauferlebnisse jenseits des traditionellen Besuchs beim Autohändler zu erfahren. Denn insbesondere bei jüngeren Kunden ist der Wunsch verbreitet, zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Interaktion während des Verkaufsprozesses wählen zu können. So informieren sich die meisten jungen Kunden zunächst selbstständig und ausgiebig im Internet über unterschiedliche Modellvarianten, um daraufhin das Wunschmodell Probe zu fahren. Spätestens beim abschließenden Konfigurieren des präferierten Fahrzeugs über einen Online Konfigurator sollte dem potentiellen Kunden die Möglichkeit zur persönlichen Interaktion z.B. über eine Hotline gegeben werden. Sind letzte Fragen geklärt, sollte zukünftig die Möglichkeit bestehen auch Online ein Fahrzeug zu bestellen bzw. zu kaufen.  Dies würden laut Studie in Deutschland 38%, in den USA 42% und in China sogar 86% der Befragten begrüßen.
Es zeigt sich, dass die Kunden differenzierte Angebote bevorzugen – wie auch im stationären Handel ist ihnen die Auswahl zwischen verschiedenen Modellvarianten, Ausstattungspaketen, Finanzierungs- und Leasingmöglichkeiten aber auch Service-Paketen wichtig. „Dennoch macht es nach unseren Erkenntnissen keinen Sinn, dass OEMs ihr gesamtes, frei konfigurierbares Produktportfolio online anbieten. Vielmehr eignen sich bereits produzierte, vorkonfigurierte Fahrzeuge für den Verkauf über das Internet“ sagt Dr. Andreas Gissler. „Das Thema Preisvorteil soll dabei aus der Perspektive der OEMs nicht im Vordergrund stehen, vielmehr sollte der Online-Kanal durch attraktive oder limitiert verfügbare Produkte die Begehrlichkeit des Kunden wecken.“ Auch um die Kannibalisierung mit bestehenden Verkaufskanälen, insbesondere dem stationären Handel, zu vermeiden, sollte das je Kanal angebotene Produkt-/Preisspektrum sorgfältig überdacht werden.
Online Sales sollte nicht als substituierender sondern als ergänzender Kanal gesehen werden, welcher unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Händlernetzes bestmöglich in das System bereits bestehender Verkaufskanäle und –formate integriert werden muss. Auf diese Weise gelingt es einerseits den heterogenen Kaufanforderungen verschiedener Zielgruppen gerecht zu werden, andererseits den ohnehin zu starren und teuren Vertrieb von Neufahrzeugen sinnvoll zu flexibilisieren und damit profitabler zu gestalten. Des Weiteren eröffnet die Integration mit dem stationären Handel eine Möglichkeit zur Umgehung des Fernabsatzgesetzes, welches bei der Gestaltung des virtuellen Verkaufsprozesses berücksichtigt werden muss, um finanzielle Risiken durch Widerrufs- und Rückgabemöglichkeiten für den Hersteller zu vermeiden. Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Märkten als auch sichere IT-Strukturen und Datensysteme sind somit elementare Voraussetzungen für die Schaffung eines solchen integrierten Systems physischer und virtueller Kanäle.
Trotz gewisser Risiken: der Verkauf von Neufahrzeugen über das Internet bietet Automobilherstellern Absatz- und Profitabilitätspotentiale, welche den Aufbau des virtuellen Kanals unumgänglich machen.

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Online-Vertrieb in der Autoindustrie

<p>Wie das Internet erfolgreich in den Verkaufsprozess eingebunden werden kann</p>

Die Automobilbranche tut sich nach wie vor schwer mit dem Vertriebskanal Internet. In einer neuen Studie befragte die Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little 1.000 Verbraucher in den Märkten Deutschland, USA und China zu Einstellungen und Nutzungsverhalten in Bezug auf Online-Sales für Neuwagen. Das Ergebnis: Mehr als ein Drittel der Verbraucher halten es für sehr wahrscheinlich, einen Neuwagen im Internet zu kaufen – in China sind dies sogar 86 %. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass Automobilhersteller derzeit noch nicht auf das geänderte Kundenverhalten eingestellt sind.
Dabei könnten die Autohersteller bei einem Blick auf andere Branchen, welche bereits erfolgreich Online-Vertrieb betreiben, die Vorteile für sich und für die Verbraucher entdecken: sofortige Verfügbarkeit der Produkte, Preisvorteile, Nutzerfreundlichkeit und die erfolgreiche Übertragung der „Exklusivität“ des Produkts in diesen neuen Verkaufskanal. Ein Vergleich der Antworten aus den drei Ländern zeigt: Für Kunden aus den USA und Deutschland, welche ein Auto über das Internet kaufen würden, wäre der Preis der ausschlaggebende Faktor. Allerdings spielen auch die größere Nutzerfreundlichkeit  und Unabhängigkeit von Terminen bei Autohändlern eine große Rolle (in Deutschland und den USA jeweils 74%). Für 67% der potentiellen chinesischen Käufer hingegen ist als wichtigstes Merkmal die gebotene Exklusivität des Online-Vertriebs – z.B. Special Editions, exklusive Ausstattungsvarianten – bedeutender als mögliche Preisvorteile (für 64% „wichtig“).
Daneben haben sich in den vergangenen Jahren auch das Verhalten und die Erwartungen der Verbraucher verändert: Für viele Menschen ist der Kauf eines neuen Fahrzeugs heute weniger ein emotionaler Akt als vielmehr eine rationale Entscheidung. Bleibt die Frage, warum sich die Hersteller mit dem virtuellen Kanal so schwer tun? Studienautor und Automotive-Experte Dr. Andreas Gissler, Director in der Automotive und Manufacturing Group bei Arthur D. Little: „Die Zahlen belegen, dass ein Großteil der Kunden den Online-Neuwagenkauf heute eigentlich erwartet – schließlich kann man sich seit langem fast alles über das Internet nach Hause liefern lassen. Mit der Integration eines zusätzlichen Online-Kanals für den Vertrieb könnte insbesondere das jüngere Kundensegment angesprochen werden, das Premium OEMs für die Umsetzung ihrer Wachstumsstrategien gezielt ansprechen wollen.“
Laut der Umfrage geht es für das jüngere Kundensegment vor allem darum, neue Kauferlebnisse jenseits des traditionellen Besuchs beim Autohändler zu erfahren. Denn insbesondere bei jüngeren Kunden ist der Wunsch verbreitet, zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Interaktion während des Verkaufsprozesses wählen zu können. So informieren sich die meisten jungen Kunden zunächst selbstständig und ausgiebig im Internet über unterschiedliche Modellvarianten, um daraufhin das Wunschmodell Probe zu fahren. Spätestens beim abschließenden Konfigurieren des präferierten Fahrzeugs über einen Online Konfigurator sollte dem potentiellen Kunden die Möglichkeit zur persönlichen Interaktion z.B. über eine Hotline gegeben werden. Sind letzte Fragen geklärt, sollte zukünftig die Möglichkeit bestehen auch Online ein Fahrzeug zu bestellen bzw. zu kaufen.  Dies würden laut Studie in Deutschland 38%, in den USA 42% und in China sogar 86% der Befragten begrüßen.
Es zeigt sich, dass die Kunden differenzierte Angebote bevorzugen – wie auch im stationären Handel ist ihnen die Auswahl zwischen verschiedenen Modellvarianten, Ausstattungspaketen, Finanzierungs- und Leasingmöglichkeiten aber auch Service-Paketen wichtig. „Dennoch macht es nach unseren Erkenntnissen keinen Sinn, dass OEMs ihr gesamtes, frei konfigurierbares Produktportfolio online anbieten. Vielmehr eignen sich bereits produzierte, vorkonfigurierte Fahrzeuge für den Verkauf über das Internet“ sagt Dr. Andreas Gissler. „Das Thema Preisvorteil soll dabei aus der Perspektive der OEMs nicht im Vordergrund stehen, vielmehr sollte der Online-Kanal durch attraktive oder limitiert verfügbare Produkte die Begehrlichkeit des Kunden wecken.“ Auch um die Kannibalisierung mit bestehenden Verkaufskanälen, insbesondere dem stationären Handel, zu vermeiden, sollte das je Kanal angebotene Produkt-/Preisspektrum sorgfältig überdacht werden.
Online Sales sollte nicht als substituierender sondern als ergänzender Kanal gesehen werden, welcher unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Händlernetzes bestmöglich in das System bereits bestehender Verkaufskanäle und –formate integriert werden muss. Auf diese Weise gelingt es einerseits den heterogenen Kaufanforderungen verschiedener Zielgruppen gerecht zu werden, andererseits den ohnehin zu starren und teuren Vertrieb von Neufahrzeugen sinnvoll zu flexibilisieren und damit profitabler zu gestalten. Des Weiteren eröffnet die Integration mit dem stationären Handel eine Möglichkeit zur Umgehung des Fernabsatzgesetzes, welches bei der Gestaltung des virtuellen Verkaufsprozesses berücksichtigt werden muss, um finanzielle Risiken durch Widerrufs- und Rückgabemöglichkeiten für den Hersteller zu vermeiden. Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Märkten als auch sichere IT-Strukturen und Datensysteme sind somit elementare Voraussetzungen für die Schaffung eines solchen integrierten Systems physischer und virtueller Kanäle.
Trotz gewisser Risiken: der Verkauf von Neufahrzeugen über das Internet bietet Automobilherstellern Absatz- und Profitabilitätspotentiale, welche den Aufbau des virtuellen Kanals unumgänglich machen.