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Krankenhäuser im digitalen Zeitalter

Gestalten der digitalen Veränderung

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Ein neues Paradigma in der Gesundheitsversorgung

Die Gesundheitsbranche, und damit auch die Krankenhäuser, befinden sich weltweit in einem radikalen Wandel. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz, leistungsfähige Analyse- und Diagnoseunterstützung, hochmoderne und sichere Cloud-Computing-Infrastrukturen, das Internet der unbegrenzten Möglichkeiten, der Blockchain-Informationsaustausch, sowie Technologien wie 3D-Druck und Roboterchirurgie verändern die Art, wie, wo und wann Gesundheitsversorgung geleistet werden kann.

Zusammengenommen ermöglichen diese Entwicklungen einen grundlegenden Wandel hin zu umfassend integrierten Gesundheitssystemen, in denen mehrere Interessengruppen (Krankenhäuser, Patienten, Versicherer, Forscher und Regulatoren) im Einklang interagieren können. Dies führt zu einer Verbesserung sowohl der Methoden der Leistungserbringung als auch der zu erzielenden Ergebnisse. Die Verschiebungen in der Gesundheitsversorgung sind durch folgende Schlüsselmerkmale gekennzeichnet:

Entstehung des „Bevölkerungsgesundheitsmanagements“

Die Patienten werden nicht mehr nur als Einzelfälle behandelt. Mit dem digitalen Informationsaustausch werden Gesundheitsdaten auf kommunaler, nationaler und regionaler Ebene aggregiert. Alle Akteure im Gesundheits-Ökosystem schaffen Mechanismen für den Zugang zu und die gemeinsame Nutzung von wichtigen gesundheitsbezogenen Informationen aus unterschiedlichen Quellen, wodurch wichtige medizinische Trends schneller und genauer erkannt werden können.

Patientenzentriertheit

Die Versorgung wird durch vermehrt digitalisierte Einbindungsmodelle auf spezifische Bedürfnisse, Präferenzen und Patientenwerte zugeschnitten. Krankenhäuser und andere Gesundheitsdienstleiser konzentrieren sich auf den Aufbau personalisierter Behandlungen, die sich positiv auf die Ergebnisse und das gesamte Patientenerlebnis auswirken.

Präventiver und lebenslanger Betreuungsansatz  

Fortschritte im medizinischen Wissen und eine Fülle von Methoden zur Informationsverbreitung erhöhen das Bewusstsein und die Beteiligung der Patienten am Management ihres eigenen Wohlbefindens. Sowohl die Krankenhäuser und Gesundheitsdienstleister als auch die Regulatoren konzentrieren sich darauf, das Wissen der Bevölkerung über medizinische Zustände, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu erweitern. So können sie die Menschen zu einem proaktiveren Ansatz des Managements ihrer eigenen Gesundheit ermutigen. Darüber hinaus werden medizinisch-wissenschaftliche Fortschritte dazu führen, dass neue Heilbehandlungen für Patienten mit schweren Erkrankungen verfügbar werden.

Dezentralisierte Versorgung

Patienten haben nun Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung weit über die traditionellen geographischen Grenzen von Krankenhäusern hinaus. Der zunehmende Einsatz der Telemedizin führt zu einer dezentralisierten Funktionsweise der Gesundheitseinrichtungen. Die steigende Verfügbarkeit und Anwendung von Technologien in der häuslichen Versorgung erweitern die Interaktion mit Patienten weit über die Möglichkeiten des traditionellen Krankenhauses hinaus. Dies verwandelt das herkömmliche, krankenhausbasierte Modell der Gesundheitsversorgung in ein integriertes, dezentrales Modell des Versorgungsmanagements.

Nicht-invasive Behandlungen

Fortschritte in der Medizintechnik schaffen eine neue Generation von minimal-invasiven Behandlungsmöglichkeiten, wodurch die Abhängigkeit von komplexer physischer Infrastruktur verringert und die Dauer der Behandlung verkürzt werden können. Solche neuen Möglichkeiten in Verbindung mit der Versorgung außerhalb der Grenzen des traditionellen Krankenhausumfelds, verändern die Art und Weise grundlegend, wie Patienten Gesundheitsdienste in Zukunft erleben werden.

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Faktoren, die den Paradigmenwechsel vorantreiben

Eine Reihe von Faktoren haben zu diesem raschen Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen beigetragen: steigende Kosten der Leistungserbringung, die Notwendigkeit, den Zugang zur Versorgung zu verbessern, eine stärkere Einbeziehung der Patienten in das Management ihrer Gesundheit und die zu Grunde liegenden technologischen Fortschritte zur Verbesserung der Ergebnisse. Darüber hinaus stehen die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, und damit auch die Krankenhäuser, vor Herausforderungen beim Austausch von Patientendaten. Die gemeinsame Nutzung von Gesundheitsinformationen kann dabei helfen, Wiederaufnahmen zu verringern, Medikationsfehler zu vermeiden und Doppeluntersuchungen zu reduzieren. Dennoch bestehen weiterhin Bedenken darüber, wie man effektiv auf Daten zugreifen kann, damit die Ärzte und das Pflegepersonal ihre Arbeit effizient und sicher ausführen können. Dies gilt auch für andere Interessengruppen, wie z.B. Pharmaunternehmen und Forschungseinrichtungen. Darüber hinaus gibt es wachsende Probleme hinsichtlich Fragen, wie man Daten sicher speichern und die Interoperabilität verschiedener Systeme gewährleisten kann. Gleichzeitig muss man wettbewerbsfähig bleiben und die Transformation zu einem digital ermöglichten Zeitalter erfolgreich umsetzen.

All diese Faktoren haben sich mit der Verschiebung der globalen Demographie und der steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdiensten verstärkt. Veränderungen im Lebensstil der Menschen und eine höhere durchschnittliche Lebenserwartung lassen die Nachfrage nach Gesundheitsdiensten exponentiell ansteigen. Diese Entwicklungen lassen sich auch in Deutschland beobachten. Durch die stetig steigende Lebenserwartung wird sich die demographische Verschiebung hin zu einer alternden Gesellschaft weiter fortsetzen. Dies führt unumgänglich zu höheren Ausgaben im Gesundheitswesen. Allein die Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen sind in Deutschland von 202 Milliarden Euro in 2015 auf knapp 240 Milliarden Euro in 2019 angestiegen. Durch die aktuellen Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie wird dieser Wert in 2020 und darüber hinaus voraussichtlich weiter wachsen.

Jedoch erfordert nicht nur dieser Anstieg der Kosten ein radikales Umdenken für Krankenhäuser. Auch der Personalbedarf nimmt mit dem großen Bedarf an Gesundheitsleistungen zu. Beispielsweise ist die Anzahl der Ärzte in Krankenhäusern seit den 1990er Jahren stark angestiegen, das nichtärztliche Personal dagegen kaum. Diese große Diskrepanz zeigt den Mangel an Pflegekräften und anderem nichtärztlichen Personal auf. Auch hier wird sichtbar, dass ein Wandel bei der Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen erfolgen muss. Eine Digitalisierung der Prozesse und der Zusammenarbeit in der gesamten Branche bietet hier immense Potenziale zur Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung und zur Verbesserung der Leistung für Patienten. Durch effizientere, digitalisierte Prozesse kann beispielsweise der Fachkräftemangel adressiert und zumindest teilweise aufgefangen werden. So bleibt dem vorhandenen Personal mehr Zeit für die tatsächliche Pflege und Behandlung der Patienten.

Diese Veränderungen zwingen insbesondere die Krankenhäuser dazu, die Art und Weise, wie sie medizinische Versorgung anbieten, sowie ihre Betriebs- und Geschäftsmodelle, zu ändern. Sie machen die Transformation zu einem digitalisierten Unternehmen unumgänglich. Mit dem Fortschritt der Technologien entsteht die Möglichkeit eine neue Generation intelligenter, digital ausgestatteter Krankenhäuser zu schaffen. Dabei müssen die Fähigkeiten der Krankenhäuser grundlegend überdacht und ein integrierter Ansatz für Design, Management und Betrieb der Leistungsinfrastruktur verfolgt werden.

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Die Rolle von Krankenhausinformationssystemen beim Paradigmenwechsel

Krankenhausinformationssysteme verfügten traditionell bereits über 14 Kernmodule zur Durchführung ihrer Tätigkeiten.

Die Krankenhausinformationssysteme spielen eine wichtige Rolle bei der weiteren Digitalisierung von Krankenhäusern. Zu ihren Vorteilen gehören unter anderem

  1. ein verbesserter Informationszugang,
  2. höhere Produktivität der Angestellten,
  3. eine effizientere und genauere Rechnungsstellung,
  4. qualitativ hochwertigere Gesundheitsversorgung,
  5. besseres klinisches Management (Diagnose und Behandlung),
  6. geringere Ausgaben im Zusammenhang mit Krankenakten in Papierform,
  7. weniger medizinische Fehler,
  8. mehr Patientensicherheit,
  9. bessere Behandlungsergebnisse und
  10. eine höhere Patientenzufriedenheit.

Trotz der bekannten Vorteile der Digitalisierung haben viele Krankenhäuser jedoch Schwierigkeiten, neue Technologien in ihre bestehende Dienstleistungslandschaft zu implementieren.

Im Vergleich zu anderen Sektoren ist das Gesundheitswesen traditionell langsamer bei der Implementierung von Digitalisierungsmaßnahmen. Drei zentrale Herausforderungen unterliegen dieser langsamen Einführung digitalisierter Lösungen:

Technologie

Integration mehrerer IT-Systeme, das Finden von qualifizierten und kostengünstigen Dienstleistern und die Bewältigung von Altlasten.

Betriebsabläufe

Kultureller Wandel, insbesondere bei leitenden Ärzten, Mitarbeitern und der IT-Abteilung.

Kosten

Die Digitalisierung ist investitionsintensiv und kommt zu den ohnehin schon steigenden Kosten der Leistungserbringung hinzu.

Daher sind die Konzeption und Implementierung eines digitalisierten Krankenhauses traditionell komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Der erste Schritt zur Verbesserung der Digitalisierung in Krankenhäusern besteht in der Modernisierung ihrer Informationssysteme zur Erfassung, gemeinsamen Nutzung und Analyse großer Mengen komplexer (und vertraulicher) Patienten- und anderer klinischer Informationen.

Unsere umfangreiche Arbeit in Deutschland und im internationalen Ausland zur Unterstützung von Gesundheitsorganisationen und Krankenhaus-Gruppen bei der Entwicklung innovativer Visionen und Strategien im digitalen Kontext hat gezeigt, dass viele Institutionen bei der Implementierung neuer technologischer Kernkompetenzen hinterherhinken. Die meisten deutschen Krankenhäuser sind noch nicht dazu in der Lage, das volle Potenzial aller digitalen Möglichkeiten auszuschöpfen. Es besteht ein erheblicher Investitions- und Transformationsstau.

Mit den aktuellen Aktivitäten zur Einführung der elektronischen Patientenakte (EPA) steigt zudem der Druck im Gesundheitssystem, digitale Tools auszubauen und sich für die digitale Vernetzung zu wappnen. Regierungen beginnen solche Digitalisierungsinitiativen stärker zu fördern. In den USA wurde bereits 2009 der HITECH Act entworfen, um Krankenhäuser in die moderne Ära der Technologie zu führen. Der Regulator in Deutschland hat den hiesigen Nachholbedarf erkannt und schafft aktuell mit dem „Digitale Versorgungsgesetz“ und dem „Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) Rahmenbedingungen zur Beschleunigung und Förderung der Digitalisierung. Unterstützt mit der Bereitstellung eines Investitionsprogrammes in Höhe von insgesamt 4,3 Milliarden Euro für die Digitalisierung von Krankenhäusern in Deutschland. Dadurch entstehen völlig neue Möglichkeiten.

Das Tempo der technischen Fortschritte ist aktuell jedoch deutlich höher als die Geschwindigkeit der Implementierung in den meisten Krankenhäusern. Die Krankenhäuser stehen vor vielen Herausforderungen, wenn es darum geht, ihre Informationssysteme zu verstehen, zu implementieren und zu modernisieren.

Der Grad der Veränderung und die Notwendigkeit zu handeln zeigen sich insbesondere im Blick auf acht Schlüsseltrends, die das Gesundheitswesen, Anforderungen an digitale Abläufe und Gesundheitsinformationssysteme grundlegend verändern werden.

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Acht Trends verändern die Digitalisierung von Krankenhäusern

Die folgenden Trends im Bereich der digitalen Gesundheitstechnologien erweitern die Grenzen der Gesundheitsfürsorge weit über die Krankenhausmauern hinaus und verändern die heutigen Denkweisen radikal. Sie bieten dabei aber auch signifikante Chancen durch qualitative, quantitative und finanzielle Vorteile für Patienten und Krankenhäuser (Abb. 5).

Einbeziehung der Patienten

Krankenhausinformationssysteme nutzen digitale Werkzeuge, um die Mitwirkung zu erhöhen und ein positives Patientenverhalten zu fördern. Durch den Einsatz von mobilen Anwendungen, interaktiven Patientenportalen, Textnachrichten und E-Mails werden die Behandlungsergebnisse der Patienten verbessert. Diese Kommunikationsmittel versorgen die Patienten mit wichtigen Informationen, wie z.B. ihren persönlichen Gesundheitsdaten und genauen Informationen über ihren Gesundheitszustand. Sie ermöglichen es den Patienten auch, ihre Behandlungspläne zu verfolgen, Termine zu buchen, Rezepte zu verwalten und sich stärker an der Entscheidungsfindung für ihre Behandlung zu beteiligen. Ein Beispiel einer solchen Anwendung ist das von Allscripts angebotene FollowMyHealth®- Portal, das eine benutzerfreundliche Navigation bietet. Es ermutigt Patienten, ihre Behandlungen selbstständig zu verfolgen. Das Einbindungstool kann zudem mit allen Formen von EPAs verwendet werden.

Gesundheitsanalytik & künstliche Intelligenz

Das beispiellose Wachstum der aus KIS generierten medizinischen Daten hat die Ära der Gesundheitsanalytik und der künstlichen Intelligenz im Gesundheitswesen eingeleitet. Informationen, die aus Patientenakten, Arzneimittelverwaltungen, Betriebsdaten, Versicherungsabrechnungen und regulatorischen Quellen gesammelt und analysiert werden, können in mehreren Bereichen Vorteile bringen:

  • Leistungsmanagement: Verstehen der Leistungsfähigkeit von Krankenhäusern anhand von Schlüsselkennzahlen (in Bezug auf Ergebnisse und Finanzkennzahlen), um ihre klinische, betriebliche und finanzielle Leistung nach Abteilung, Krankheit oder Arzt zu verstehen. So können Initiativen zur Verbesserung der Leistung identifiziert und vorangetrieben werden.
  • Verwaltung von Pfaden: Optimierung der Patientenströme sowie der klinischen Pfade innerhalb des Krankenhauses durch die Koordination der Versorgung in verschiedenen Einrichtungen.
  • Klinische Entscheidungsfindung: Nutzung von klinischen, physiologischen und Längsschnittdaten der Patienten zur Ermittlung optimaler Diagnose- und Behandlungsentscheidungen, um das klinische Personal und die Entscheidungsgremien zu unterstützen.
  • Präzisionsmedizin: Nutzung von Forschungsergebnissen und zentralisierten Datensätzen zur Förderung verbesserter Diagnostik und personalisierter Patientenbetreuung.
  • Sicherheitspraktiken: Einsatz der vorhersagenden Analytik zur Förderung der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit, z.B. die Frühwarnung vor einer Sepsis-Infektion.
  • Gesundheitsmanagement der Bevölkerung: Nutzung der Analytik für den Einsatz in der Epidemiologie, z.B. die Verknüpfung von EPAs mit geographischen Informationssystemen zur Identifizierung von Gesundheitstrends in bestimmten Gebieten.
  • Gleichgewicht zwischen Aufenthaltsdauer und Wiederaufnahmen herstellen: Die Analyse der EPA-Daten zeigt Trends auf, welche Patienten wahrscheinlich eine zusätzliche Behandlung benötigen, um eine Wiederaufnahme zu verhindern, sowie Patienten, die früher entlassen werden könnten, so dass ihre Aufenthaltsdauer im Krankenhaus verkürzt werden kann.
  • Datensicherheit: Sicherung medizinischer Akten durch Identifizierung von Veränderungen im Datenverkehr oder Verhalten im Netzwerk, die auf einen Cyberangriff hindeuten könnten.
  • Versicherungsansprüche: Verbesserung der Effizienz von Forderungen gegenüber Krankenversicherungen durch das Erkennen von Trends bei den Anträgen und der Optimierung der Antragsbearbeitung.
  • Personalisierte Medizin: Es wird erwartet, dass die vorausschauende Analytik mit Hilfe von EPA-Daten die personalisierte Medizin vorantreiben und die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern wird. Sie ist in der Lage, große Datenmengen zu nutzen, um Muster und Trends zu erkennen und sie auf einzelne Patientenfälle anzuwenden.

Wohlbefinden

Die Selbstversorgung durch Smartphones, Tablet-PCs und andere Kommunikationsgeräte hat ein beispielloses Wachstum erlebt, da die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien und das allgemeine medizinische Bewusstsein der Patienten zugenommen haben. Wellness-Lösungen unterstützen Patienten bei der Selbstversorgung durch benutzerfreundliche, digitale Anwendungen, die von Diät und Gewichtsabnahme bis hin zum Asthmamanagement reichen. Ein Beispiel für eine solche Anwendung ist Ginger. Die App bietet Nutzern spielerische Übungen und Lerneinheiten, mit denen sie sich eigenständig über besseres Verhalten und Wohlbefinden (z.B. zur Stressbewältigung) informieren können. Darüber hinaus können Anwender über eine Chatfunktion und Videosprechstunden rund um die Uhr Zugang zu psychologischer Betreuung erhalten. Solche digitalen Tools können ebenfalls in KIS inte-griert werden und unterstützen die Genesung von Patienten durch interaktive Behandlungspläne und die Beobachtung des Fortschritts.

Biosensorische Wearables

Wearables mit Biosensorik ermöglichen ihren Nutzern die kontinuierliche Messung einer Vielzahl von Kennzahlen, und jüngste technologische Fortschritte haben sie kostengünstig und für die breite Masse zugänglich gemacht. Diese Wearables gibt es in den verschiedensten Ausführungen, von Armbanduhren und Kleidung bis hin zu verschluckbaren Produkten und intelligenten Implantaten. Deren Biosensoren messen und verfolgen eine Vielzahl von Kennzahlen, wie bspw. Bewegung, Herzfrequenz, Schlaf, Temperatur, oder Glukose und liefern Anwendern und Gesundheitsdienstleistern wertvolle Datenpunkte, für deren Erfassung früher aufwändige Methoden erforderlich gewesen wären. Die schiere Menge der verfügbaren Sensoren und Anwendungen stellt die Krankenhäuser jedoch vor die Herausforderung der Softwareintegration. Daher haben führende KIS-Anbieter dieses Problem in Angriff genommen, indem sie sich mit Technologieplattformen wie zum Beispiel Validic zusammengeschlossen haben. Validic ist eine Cloud-basierte, digitale Gesundheitsplattform, die Krankenhäuser, Pharmaunternehmen, Versicherungen und alle weiteren Akteure der Gesundheitssysteme mit über 350 In-Home-Geräten, Wearables und Gesundheits-Apps verbindet.

Telemedizin

Krankenhäuser müssen sich auf den Einsatz von Telemedizin als Teil der Entwicklung hin zu einem patientenzentrierten Modell vorbereiten. Früher verfolgten sie einen zentralisierten Ansatz, was zu einem dramatischen Anstieg der Betriebskosten und zu großen Unannehmlichkeiten bei der Anreise von Patienten führte, die weit entfernt von großen Krankenhäusern wohnen. Durch den Einsatz der Telemedizin können Patienten und Krankenhäuser nun über verschiedene Kommunikationskanäle sowie durch Remote-Überwachung in Echtzeit interagieren. Beispielsweise hat sich Epic, einer der größten KIS-Anbieter mit Sitz in den USA, mit Vidyo zusammengetan, um ein Angebot für Gesundheitsdienste auf Entfernung über Computer und andere Geräte zu ermöglichen. So wird die Echtzeit-Videokommunikation zwischen Kliniken und ihren Patienten oder Mitarbeitern ermöglicht. Innerhalb derselben Anwendung können Ärzte zudem Diagramme erstellen und Zugriff auf Patientendaten und die Verwaltung der Behandlungen erhalten. Telemedizin ermöglicht den Krankenhäusern außerdem, ihre Kosten zu senken, indem sie zusätzlichen Personal- und Platzbedarf reduzieren. So können darüber hinaus ihre Möglichkeiten zur Versorgung von größeren Mengen an Patienten verbessert werden.

Austausch von Gesundheitsinformationen

Der Informationsaustausch im Gesundheitswesen (IAG) ermöglicht die Bereitstellung von Gesundheitsdaten zwischen Organisationen innerhalb einer Region, einer Gemeinde oder eines Krankenhauses. Es gibt drei Haupttypen von IAG:

  • Gezielter Austausch: Senden und Empfangen von gesicherten Informationen zwischen Leistungserbringern auf elektronischem Wege zur Unterstützung einer koordinierten Versorgung.
  • Abfrage-basierter Austausch: Krankenhäuser können Informationen über einen Patienten bei anderen Anbietern finden und/ oder anfordern - dies wird oft für ungeplante Notfallversorgung verwendet.
  • Verbrauchergesteuerter Austausch: Patienten aggregieren und kontrollieren die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten bei den Anbietern.

Ein Beispiel einer strategische IT-Plattform für den Austausch von Gesundheitsinformationen bietet das Tool HealthShare von InterSystems. Die Plattform ermöglicht einen effektiven und sinnvollen Austausch von Gesundheitsinformationen, innerhalb eines Krankenhauses oder Krankenhausnetzwerks oder in einer ganzen Region. Zu den Vorteilen des Systems gehören ein sicherer Zugang zu den Aufzeichnungen und eine verbesserte Übersicht über den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung, sowie reduzierte Kosten durch automatisierte Geschäftsprozesse, ein unterstütztes koordiniertes Versorgungsmanagement und letztlich weniger Wiederaufnahmen von Patienten.

Häusliche Versorgung

Technologische Fortschritte ermöglichen es Patienten mittlerweile, Teile der benötigten Versorgung zu Hause zu erhalten und unnötige Krankenhausbesuche zu vermeiden. Die Patienten können zu Hause mit Biosensoren und „Personal Digital Assistants“ überwacht und über Software rund um die Uhr mit Notfalldiensten, Krankenhäusern, Kliniken und Hospizdiensten verbunden werden. Darüber hinaus kann so die Rezeptverwaltung, der Zugang zu medizinischen Aufzeichnungen und die digitale Unterstützung des Pflegepersonals zu Hause während des Heilungsprozesses der Patienten genutzt werden. Die Softwarelösungen HomeWorks® und RoadNotes® von Cerner unterstützen zum Beispiel Hospizdienste und Krankenhauspersonal bei der personalisierten häuslichen Versorgung. Digitale Funktionen unterstützen die Verwaltung des gesamten Zyklus der Patientenversorgung, den einfachen Transfer zwischen verschiedenen Versorgungsebenen und gleichzeitig die Einhaltung regulatorischer Anforderungen.

Cloud Computing

Cloud Computing kann die Einführung digitaler Gesundheitssysteme in Krankenhäusern fördern, indem es die Kosten für die initiale Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb von Krankenhausinformationssystemen senkt. Dies geht jedoch teils mit einer geringeren Flexibilität des Systems einher. Ein Beispiel für ein Cloud-basiertes System ist das KIS Insta von Practo. Es ist ein Software-as-a-Service (SaaS)-Angebot, das sich an mittelständische Gesundheitsdienstleister richtet. Seine browserbasierten Tools vermeiden langwierige und kostspielige Implementierungszeiten, und seine modulare Produktpalette richtet sich an eine Vielzahl von Gesundheitsdienstleistern.

Es gibt diverse Vor-, aber auch Nachteile, im Zusammenhang mit Cloud Computing. Cloud Computing verspricht beispielsweise nicht unbedingt Kostensenkungen; es geht mehr um Zugänglichkeit und Funktionalität. Der Hauptvorteil von Cloud Computing besteht darin, Zugang zu Rechenleistung und Infrastruktur zu erhalten, deren Aufbau mit eigenen Mitteln schwierig und teuer wäre. Die größte Herausforderung im Zusammenhang mit Cloud Computing ist die Gewährleistung der Informationssicherheit, insbesondere wenn es um den CLOUD Act geht. Der CLOUD Act ermöglicht es den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden, Technologieunternehmen mit Sitz in den USA zu zwingen, angeforderte Daten zur Verfügung zu stellen. Dies ist unabhängig davon, ob die Daten auf Servern innerhalb oder außerhalb der USA gespeichert sind.

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Der Weg zum innovativen, digitalen Krankenhaus

Im Kontext all dieser Veränderungen bestehen bei Krankenhausbetreibern oft hohe Unsicherheiten:

  • welche digitalen Ansätze, Tools und Anbieter sind sinnvoll, damit Ärzte und Pflegepersonal ihre Arbeit im Krankenhaus effizient, kompetent und sicher ausführen können?
  • wie schafft man Akzeptanz für digitale Technologien und radikal veränderte Abläufe?
  • wie sichert man die richtigen Kompetenzen und befähigt effizient das bestehende Klinikpersonal?
  • welche Dienstleistungs- und Outsourcing-Modelle sind zielführend, um die komplexer werdende IT- und Dienstleistungs-Landschaft zu steuern?
  • welche Weiterentwicklung der Krankenhausinformationssysteme über die Kernmodule hinaus sollten angestrebt werden (z.B. weitere spezialisierte Module, wie Wäscherei, Küche, Anästhesie) oder die Vernetzung mit externen Systemen (z.B. Telemedizin, biosensorische Wearables)?
  • wie kann eine offenere Architektur ermöglicht werden, die eine direkte Integration mit Tools und Systemen von Drittanbietern (z.B. Lösungen für die häusliche Versorgung) ermöglicht und diese ihren Patienten über ihre Websites und Anwendungen zur Verfügung stellt?
  • wie kann die Sicherheit der Daten und die Gewährleistung der Interoperabilität verschiedener Systeme sichergestellt werden?

Krankenhausbetreiber und Krankenhäuser stehen mitten in einem Paradigmenwechsel hin zu einem digital ermöglichten Zeitalter – und noch vor einigen Herausforderungen und Hürden.

Die Digitalisierung in Krankenhäusern ist dabei keine reine ITAufgabe – es bedarf einer ganzheitlich gedachten Veränderung. Um sich erfolgreich auf die Zukunft des Gesundheitswesens und der digitalen Interaktion einzustellen, sollten sieben Handlungsfelder berücksichtigt werden:

  1. Definition einer klaren Zukunftsvision & Digitalisierungsstrategie zur ganzheitlichen Betrachtung aller aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse.
  2. Neu-Design etablierter medizinischer und nicht-medizinischer Abläufe (radikal neu-gedacht aus Kundensicht im Rahmen der neuen, digitalen Möglichkeiten) zur signifikanten Erhöhung von Effizienz, Qualität und Patientenzufriedenheit
  3. Sicherstellung sowohl effizienter als auch dynamischer Strukturen, um auf kontinuierliche Veränderungen reagieren zu können.
  4. Innovative Ansätze für eine moderne Unternehmenssteuerung und Mitarbeiterführung.
  5. Intensiver Blick auf das Mitnehmen & Befähigen der Menschen (Mitarbeitende & Patienten).
  6. Aufbau einer zukunftssicheren IT-Struktur.
  7. Eine frühzeitige Berücksichtigung und Einbindung aller relevanten Interessensgruppen.

Solch eine „Transformation“ ist eine Mammut-Aufgabe und zeigt neben den immensen Chancen auch hohe Risiken. Diese können jedoch aktiv gesteuert werden, um erfolgreich zu sein. Unserer Erfahrung aus erfolgreichen, digitalen Veränderungsprojekten nach, gibt es einige Faktoren, die den Erfolg besonders begünstigen:

  • Große Unterstützung durch das Management und den Willen zur Transformation
  • Eine abgestimmte Vision zwischen Management und Krankenhauspersonal über das Gesamtziel der Veränderung.
  • Enge Abstimmung der IKT-Systemstrategie mit den Gesamtzielen und der Vision.
  • Enge Integration in den klinischen Betrieb, um neue Arbeitsweisen voranzutreiben.
  • Erarbeiten eines Gesamtplans mit stufenweiser Einführung statt eines verstreuten, stückweisen Ansatzes.
  • Ein agiles, iteratives Vorgehen mit einer kontinuierlichen Fortschrittsüberwachung und Möglichkeiten zur Nachjustierung der definierten Vorgehensweisen und Konzepte.
  • Umfassende Beteiligung des medizinischen und nichtmedizinischen Krankenhauspersonals in die Konzeption und Umsetzung. Es muss ein Verständnis und insbesondere ein hohes Vertrauen in die Bedeutung der digitalen Technologien für das Krankenhaus geschaffen werden.
  • Ein aktives und breit wirkendes Kommunikations- und Veränderungsmanagement ab Tag 1.

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Fazit

Krankenhäuser sind einem verstärkten Druck ausgesetzt, auf die Veränderungen im Gesundheitssystem und in den digitalen Möglichkeiten zu reagieren. Es besteht ein enormer Nachholbedarf. Die aktuellen Entwicklungen und Förderprogramme der Regierung bieten optimale Bedingungen, um bei der Digitalisierung aufzuholen. Gleichzeitig zeigen sich aktuell einmalige Möglichkeiten durch finanzielle Beteiligung des Staates im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG). Krankenhäuser sollten diese Chance jetzt nutzen und sich für die Zukunft der Gesundheitssysteme aufstellen. Um diese Modernisierungen erfolgreich durchzuführen und einen signifikanten Mehrwert für Krankenhäuser und Krankenhausbetreiber zu ermöglichen, ist ein ganzheitlicher Blick erforderlich: Die notwendigen Veränderungen sind keine reine IT Aufgabe sondern bedürfen der Betrachtung der gesamten Abläufe und Strukturen, und insbesondere das Mitnehmen und Befähigen der Menschen (Mitarbeitende & Patienten).

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Arthur D. Little, der richtige Partner

Mit umfassenden Erfahrungen und Erfolgsgeschichten ist Arthur D. Little einzigartig positioniert, um Krankenhäuser auf ihrer digitalen Veränderungsreise zu begleiten:

  • Entwicklung und Umsetzung von Innovationsstrategien
  • Identifizierung und Implementierung von Krankenhausinformationssystemen
  • Neu-Design von Prozessen und Abläufen zur optimalen Nutzung neuer, digitaler Möglichkeiten
  • Reorganisation von Krankenhäusern und anderen Unternehmen des Gesundheitssektors
  • Identifizierung von Wachstumsplänen für neue Krankenhäuser, Unternehmen oder Projekte
  • Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

Wir stehen für die Verknüpfung von Strategie, Innovation und Transformation im Gesundheitssektor und anderen Industrien. Unsere internen Experten kombinieren umfassende Erfahrung mit regionalen Kenntnissen und Branchen-Knowhow.

Unser umfassendes, globales Expertennetzwerk stellt darüber hinaus sicher, dass jeder Kunde die bestmögliche Expertise nutzen kann, entsprechend den Herausforderungen und dem Kontext, mit denen das Unternehmen konfrontiert ist.

Wir sehen Beratung als partnerschaftliche Zusammenarbeit. Wir arbeiten Seite-an-Seite (side-by-side) mit unseren Kunden – auf allen Ebenen. Digitalisierung und Innovation geht für uns nur für und mit den Menschen.

Weitere Informationen zu unserem Digital Shift Ansatz finden Sie hier: https://www.adlittle.com/digitalshift/

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Krankenhäuser im digitalen Zeitalter

Gestalten der digitalen Veränderung

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Ein neues Paradigma in der Gesundheitsversorgung

Die Gesundheitsbranche, und damit auch die Krankenhäuser, befinden sich weltweit in einem radikalen Wandel. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz, leistungsfähige Analyse- und Diagnoseunterstützung, hochmoderne und sichere Cloud-Computing-Infrastrukturen, das Internet der unbegrenzten Möglichkeiten, der Blockchain-Informationsaustausch, sowie Technologien wie 3D-Druck und Roboterchirurgie verändern die Art, wie, wo und wann Gesundheitsversorgung geleistet werden kann.

Zusammengenommen ermöglichen diese Entwicklungen einen grundlegenden Wandel hin zu umfassend integrierten Gesundheitssystemen, in denen mehrere Interessengruppen (Krankenhäuser, Patienten, Versicherer, Forscher und Regulatoren) im Einklang interagieren können. Dies führt zu einer Verbesserung sowohl der Methoden der Leistungserbringung als auch der zu erzielenden Ergebnisse. Die Verschiebungen in der Gesundheitsversorgung sind durch folgende Schlüsselmerkmale gekennzeichnet:

Entstehung des „Bevölkerungsgesundheitsmanagements“

Die Patienten werden nicht mehr nur als Einzelfälle behandelt. Mit dem digitalen Informationsaustausch werden Gesundheitsdaten auf kommunaler, nationaler und regionaler Ebene aggregiert. Alle Akteure im Gesundheits-Ökosystem schaffen Mechanismen für den Zugang zu und die gemeinsame Nutzung von wichtigen gesundheitsbezogenen Informationen aus unterschiedlichen Quellen, wodurch wichtige medizinische Trends schneller und genauer erkannt werden können.

Patientenzentriertheit

Die Versorgung wird durch vermehrt digitalisierte Einbindungsmodelle auf spezifische Bedürfnisse, Präferenzen und Patientenwerte zugeschnitten. Krankenhäuser und andere Gesundheitsdienstleiser konzentrieren sich auf den Aufbau personalisierter Behandlungen, die sich positiv auf die Ergebnisse und das gesamte Patientenerlebnis auswirken.

Präventiver und lebenslanger Betreuungsansatz  

Fortschritte im medizinischen Wissen und eine Fülle von Methoden zur Informationsverbreitung erhöhen das Bewusstsein und die Beteiligung der Patienten am Management ihres eigenen Wohlbefindens. Sowohl die Krankenhäuser und Gesundheitsdienstleister als auch die Regulatoren konzentrieren sich darauf, das Wissen der Bevölkerung über medizinische Zustände, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu erweitern. So können sie die Menschen zu einem proaktiveren Ansatz des Managements ihrer eigenen Gesundheit ermutigen. Darüber hinaus werden medizinisch-wissenschaftliche Fortschritte dazu führen, dass neue Heilbehandlungen für Patienten mit schweren Erkrankungen verfügbar werden.

Dezentralisierte Versorgung

Patienten haben nun Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung weit über die traditionellen geographischen Grenzen von Krankenhäusern hinaus. Der zunehmende Einsatz der Telemedizin führt zu einer dezentralisierten Funktionsweise der Gesundheitseinrichtungen. Die steigende Verfügbarkeit und Anwendung von Technologien in der häuslichen Versorgung erweitern die Interaktion mit Patienten weit über die Möglichkeiten des traditionellen Krankenhauses hinaus. Dies verwandelt das herkömmliche, krankenhausbasierte Modell der Gesundheitsversorgung in ein integriertes, dezentrales Modell des Versorgungsmanagements.

Nicht-invasive Behandlungen

Fortschritte in der Medizintechnik schaffen eine neue Generation von minimal-invasiven Behandlungsmöglichkeiten, wodurch die Abhängigkeit von komplexer physischer Infrastruktur verringert und die Dauer der Behandlung verkürzt werden können. Solche neuen Möglichkeiten in Verbindung mit der Versorgung außerhalb der Grenzen des traditionellen Krankenhausumfelds, verändern die Art und Weise grundlegend, wie Patienten Gesundheitsdienste in Zukunft erleben werden.

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Faktoren, die den Paradigmenwechsel vorantreiben

Eine Reihe von Faktoren haben zu diesem raschen Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen beigetragen: steigende Kosten der Leistungserbringung, die Notwendigkeit, den Zugang zur Versorgung zu verbessern, eine stärkere Einbeziehung der Patienten in das Management ihrer Gesundheit und die zu Grunde liegenden technologischen Fortschritte zur Verbesserung der Ergebnisse. Darüber hinaus stehen die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, und damit auch die Krankenhäuser, vor Herausforderungen beim Austausch von Patientendaten. Die gemeinsame Nutzung von Gesundheitsinformationen kann dabei helfen, Wiederaufnahmen zu verringern, Medikationsfehler zu vermeiden und Doppeluntersuchungen zu reduzieren. Dennoch bestehen weiterhin Bedenken darüber, wie man effektiv auf Daten zugreifen kann, damit die Ärzte und das Pflegepersonal ihre Arbeit effizient und sicher ausführen können. Dies gilt auch für andere Interessengruppen, wie z.B. Pharmaunternehmen und Forschungseinrichtungen. Darüber hinaus gibt es wachsende Probleme hinsichtlich Fragen, wie man Daten sicher speichern und die Interoperabilität verschiedener Systeme gewährleisten kann. Gleichzeitig muss man wettbewerbsfähig bleiben und die Transformation zu einem digital ermöglichten Zeitalter erfolgreich umsetzen.

All diese Faktoren haben sich mit der Verschiebung der globalen Demographie und der steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdiensten verstärkt. Veränderungen im Lebensstil der Menschen und eine höhere durchschnittliche Lebenserwartung lassen die Nachfrage nach Gesundheitsdiensten exponentiell ansteigen. Diese Entwicklungen lassen sich auch in Deutschland beobachten. Durch die stetig steigende Lebenserwartung wird sich die demographische Verschiebung hin zu einer alternden Gesellschaft weiter fortsetzen. Dies führt unumgänglich zu höheren Ausgaben im Gesundheitswesen. Allein die Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen sind in Deutschland von 202 Milliarden Euro in 2015 auf knapp 240 Milliarden Euro in 2019 angestiegen. Durch die aktuellen Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie wird dieser Wert in 2020 und darüber hinaus voraussichtlich weiter wachsen.

Jedoch erfordert nicht nur dieser Anstieg der Kosten ein radikales Umdenken für Krankenhäuser. Auch der Personalbedarf nimmt mit dem großen Bedarf an Gesundheitsleistungen zu. Beispielsweise ist die Anzahl der Ärzte in Krankenhäusern seit den 1990er Jahren stark angestiegen, das nichtärztliche Personal dagegen kaum. Diese große Diskrepanz zeigt den Mangel an Pflegekräften und anderem nichtärztlichen Personal auf. Auch hier wird sichtbar, dass ein Wandel bei der Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen erfolgen muss. Eine Digitalisierung der Prozesse und der Zusammenarbeit in der gesamten Branche bietet hier immense Potenziale zur Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung und zur Verbesserung der Leistung für Patienten. Durch effizientere, digitalisierte Prozesse kann beispielsweise der Fachkräftemangel adressiert und zumindest teilweise aufgefangen werden. So bleibt dem vorhandenen Personal mehr Zeit für die tatsächliche Pflege und Behandlung der Patienten.

Diese Veränderungen zwingen insbesondere die Krankenhäuser dazu, die Art und Weise, wie sie medizinische Versorgung anbieten, sowie ihre Betriebs- und Geschäftsmodelle, zu ändern. Sie machen die Transformation zu einem digitalisierten Unternehmen unumgänglich. Mit dem Fortschritt der Technologien entsteht die Möglichkeit eine neue Generation intelligenter, digital ausgestatteter Krankenhäuser zu schaffen. Dabei müssen die Fähigkeiten der Krankenhäuser grundlegend überdacht und ein integrierter Ansatz für Design, Management und Betrieb der Leistungsinfrastruktur verfolgt werden.

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Die Rolle von Krankenhausinformationssystemen beim Paradigmenwechsel

Krankenhausinformationssysteme verfügten traditionell bereits über 14 Kernmodule zur Durchführung ihrer Tätigkeiten.

Die Krankenhausinformationssysteme spielen eine wichtige Rolle bei der weiteren Digitalisierung von Krankenhäusern. Zu ihren Vorteilen gehören unter anderem

  1. ein verbesserter Informationszugang,
  2. höhere Produktivität der Angestellten,
  3. eine effizientere und genauere Rechnungsstellung,
  4. qualitativ hochwertigere Gesundheitsversorgung,
  5. besseres klinisches Management (Diagnose und Behandlung),
  6. geringere Ausgaben im Zusammenhang mit Krankenakten in Papierform,
  7. weniger medizinische Fehler,
  8. mehr Patientensicherheit,
  9. bessere Behandlungsergebnisse und
  10. eine höhere Patientenzufriedenheit.

Trotz der bekannten Vorteile der Digitalisierung haben viele Krankenhäuser jedoch Schwierigkeiten, neue Technologien in ihre bestehende Dienstleistungslandschaft zu implementieren.

Im Vergleich zu anderen Sektoren ist das Gesundheitswesen traditionell langsamer bei der Implementierung von Digitalisierungsmaßnahmen. Drei zentrale Herausforderungen unterliegen dieser langsamen Einführung digitalisierter Lösungen:

Technologie

Integration mehrerer IT-Systeme, das Finden von qualifizierten und kostengünstigen Dienstleistern und die Bewältigung von Altlasten.

Betriebsabläufe

Kultureller Wandel, insbesondere bei leitenden Ärzten, Mitarbeitern und der IT-Abteilung.

Kosten

Die Digitalisierung ist investitionsintensiv und kommt zu den ohnehin schon steigenden Kosten der Leistungserbringung hinzu.

Daher sind die Konzeption und Implementierung eines digitalisierten Krankenhauses traditionell komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Der erste Schritt zur Verbesserung der Digitalisierung in Krankenhäusern besteht in der Modernisierung ihrer Informationssysteme zur Erfassung, gemeinsamen Nutzung und Analyse großer Mengen komplexer (und vertraulicher) Patienten- und anderer klinischer Informationen.

Unsere umfangreiche Arbeit in Deutschland und im internationalen Ausland zur Unterstützung von Gesundheitsorganisationen und Krankenhaus-Gruppen bei der Entwicklung innovativer Visionen und Strategien im digitalen Kontext hat gezeigt, dass viele Institutionen bei der Implementierung neuer technologischer Kernkompetenzen hinterherhinken. Die meisten deutschen Krankenhäuser sind noch nicht dazu in der Lage, das volle Potenzial aller digitalen Möglichkeiten auszuschöpfen. Es besteht ein erheblicher Investitions- und Transformationsstau.

Mit den aktuellen Aktivitäten zur Einführung der elektronischen Patientenakte (EPA) steigt zudem der Druck im Gesundheitssystem, digitale Tools auszubauen und sich für die digitale Vernetzung zu wappnen. Regierungen beginnen solche Digitalisierungsinitiativen stärker zu fördern. In den USA wurde bereits 2009 der HITECH Act entworfen, um Krankenhäuser in die moderne Ära der Technologie zu führen. Der Regulator in Deutschland hat den hiesigen Nachholbedarf erkannt und schafft aktuell mit dem „Digitale Versorgungsgesetz“ und dem „Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) Rahmenbedingungen zur Beschleunigung und Förderung der Digitalisierung. Unterstützt mit der Bereitstellung eines Investitionsprogrammes in Höhe von insgesamt 4,3 Milliarden Euro für die Digitalisierung von Krankenhäusern in Deutschland. Dadurch entstehen völlig neue Möglichkeiten.

Das Tempo der technischen Fortschritte ist aktuell jedoch deutlich höher als die Geschwindigkeit der Implementierung in den meisten Krankenhäusern. Die Krankenhäuser stehen vor vielen Herausforderungen, wenn es darum geht, ihre Informationssysteme zu verstehen, zu implementieren und zu modernisieren.

Der Grad der Veränderung und die Notwendigkeit zu handeln zeigen sich insbesondere im Blick auf acht Schlüsseltrends, die das Gesundheitswesen, Anforderungen an digitale Abläufe und Gesundheitsinformationssysteme grundlegend verändern werden.

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Acht Trends verändern die Digitalisierung von Krankenhäusern

Die folgenden Trends im Bereich der digitalen Gesundheitstechnologien erweitern die Grenzen der Gesundheitsfürsorge weit über die Krankenhausmauern hinaus und verändern die heutigen Denkweisen radikal. Sie bieten dabei aber auch signifikante Chancen durch qualitative, quantitative und finanzielle Vorteile für Patienten und Krankenhäuser (Abb. 5).

Einbeziehung der Patienten

Krankenhausinformationssysteme nutzen digitale Werkzeuge, um die Mitwirkung zu erhöhen und ein positives Patientenverhalten zu fördern. Durch den Einsatz von mobilen Anwendungen, interaktiven Patientenportalen, Textnachrichten und E-Mails werden die Behandlungsergebnisse der Patienten verbessert. Diese Kommunikationsmittel versorgen die Patienten mit wichtigen Informationen, wie z.B. ihren persönlichen Gesundheitsdaten und genauen Informationen über ihren Gesundheitszustand. Sie ermöglichen es den Patienten auch, ihre Behandlungspläne zu verfolgen, Termine zu buchen, Rezepte zu verwalten und sich stärker an der Entscheidungsfindung für ihre Behandlung zu beteiligen. Ein Beispiel einer solchen Anwendung ist das von Allscripts angebotene FollowMyHealth®- Portal, das eine benutzerfreundliche Navigation bietet. Es ermutigt Patienten, ihre Behandlungen selbstständig zu verfolgen. Das Einbindungstool kann zudem mit allen Formen von EPAs verwendet werden.

Gesundheitsanalytik & künstliche Intelligenz

Das beispiellose Wachstum der aus KIS generierten medizinischen Daten hat die Ära der Gesundheitsanalytik und der künstlichen Intelligenz im Gesundheitswesen eingeleitet. Informationen, die aus Patientenakten, Arzneimittelverwaltungen, Betriebsdaten, Versicherungsabrechnungen und regulatorischen Quellen gesammelt und analysiert werden, können in mehreren Bereichen Vorteile bringen:

  • Leistungsmanagement: Verstehen der Leistungsfähigkeit von Krankenhäusern anhand von Schlüsselkennzahlen (in Bezug auf Ergebnisse und Finanzkennzahlen), um ihre klinische, betriebliche und finanzielle Leistung nach Abteilung, Krankheit oder Arzt zu verstehen. So können Initiativen zur Verbesserung der Leistung identifiziert und vorangetrieben werden.
  • Verwaltung von Pfaden: Optimierung der Patientenströme sowie der klinischen Pfade innerhalb des Krankenhauses durch die Koordination der Versorgung in verschiedenen Einrichtungen.
  • Klinische Entscheidungsfindung: Nutzung von klinischen, physiologischen und Längsschnittdaten der Patienten zur Ermittlung optimaler Diagnose- und Behandlungsentscheidungen, um das klinische Personal und die Entscheidungsgremien zu unterstützen.
  • Präzisionsmedizin: Nutzung von Forschungsergebnissen und zentralisierten Datensätzen zur Förderung verbesserter Diagnostik und personalisierter Patientenbetreuung.
  • Sicherheitspraktiken: Einsatz der vorhersagenden Analytik zur Förderung der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit, z.B. die Frühwarnung vor einer Sepsis-Infektion.
  • Gesundheitsmanagement der Bevölkerung: Nutzung der Analytik für den Einsatz in der Epidemiologie, z.B. die Verknüpfung von EPAs mit geographischen Informationssystemen zur Identifizierung von Gesundheitstrends in bestimmten Gebieten.
  • Gleichgewicht zwischen Aufenthaltsdauer und Wiederaufnahmen herstellen: Die Analyse der EPA-Daten zeigt Trends auf, welche Patienten wahrscheinlich eine zusätzliche Behandlung benötigen, um eine Wiederaufnahme zu verhindern, sowie Patienten, die früher entlassen werden könnten, so dass ihre Aufenthaltsdauer im Krankenhaus verkürzt werden kann.
  • Datensicherheit: Sicherung medizinischer Akten durch Identifizierung von Veränderungen im Datenverkehr oder Verhalten im Netzwerk, die auf einen Cyberangriff hindeuten könnten.
  • Versicherungsansprüche: Verbesserung der Effizienz von Forderungen gegenüber Krankenversicherungen durch das Erkennen von Trends bei den Anträgen und der Optimierung der Antragsbearbeitung.
  • Personalisierte Medizin: Es wird erwartet, dass die vorausschauende Analytik mit Hilfe von EPA-Daten die personalisierte Medizin vorantreiben und die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern wird. Sie ist in der Lage, große Datenmengen zu nutzen, um Muster und Trends zu erkennen und sie auf einzelne Patientenfälle anzuwenden.

Wohlbefinden

Die Selbstversorgung durch Smartphones, Tablet-PCs und andere Kommunikationsgeräte hat ein beispielloses Wachstum erlebt, da die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien und das allgemeine medizinische Bewusstsein der Patienten zugenommen haben. Wellness-Lösungen unterstützen Patienten bei der Selbstversorgung durch benutzerfreundliche, digitale Anwendungen, die von Diät und Gewichtsabnahme bis hin zum Asthmamanagement reichen. Ein Beispiel für eine solche Anwendung ist Ginger. Die App bietet Nutzern spielerische Übungen und Lerneinheiten, mit denen sie sich eigenständig über besseres Verhalten und Wohlbefinden (z.B. zur Stressbewältigung) informieren können. Darüber hinaus können Anwender über eine Chatfunktion und Videosprechstunden rund um die Uhr Zugang zu psychologischer Betreuung erhalten. Solche digitalen Tools können ebenfalls in KIS inte-griert werden und unterstützen die Genesung von Patienten durch interaktive Behandlungspläne und die Beobachtung des Fortschritts.

Biosensorische Wearables

Wearables mit Biosensorik ermöglichen ihren Nutzern die kontinuierliche Messung einer Vielzahl von Kennzahlen, und jüngste technologische Fortschritte haben sie kostengünstig und für die breite Masse zugänglich gemacht. Diese Wearables gibt es in den verschiedensten Ausführungen, von Armbanduhren und Kleidung bis hin zu verschluckbaren Produkten und intelligenten Implantaten. Deren Biosensoren messen und verfolgen eine Vielzahl von Kennzahlen, wie bspw. Bewegung, Herzfrequenz, Schlaf, Temperatur, oder Glukose und liefern Anwendern und Gesundheitsdienstleistern wertvolle Datenpunkte, für deren Erfassung früher aufwändige Methoden erforderlich gewesen wären. Die schiere Menge der verfügbaren Sensoren und Anwendungen stellt die Krankenhäuser jedoch vor die Herausforderung der Softwareintegration. Daher haben führende KIS-Anbieter dieses Problem in Angriff genommen, indem sie sich mit Technologieplattformen wie zum Beispiel Validic zusammengeschlossen haben. Validic ist eine Cloud-basierte, digitale Gesundheitsplattform, die Krankenhäuser, Pharmaunternehmen, Versicherungen und alle weiteren Akteure der Gesundheitssysteme mit über 350 In-Home-Geräten, Wearables und Gesundheits-Apps verbindet.

Telemedizin

Krankenhäuser müssen sich auf den Einsatz von Telemedizin als Teil der Entwicklung hin zu einem patientenzentrierten Modell vorbereiten. Früher verfolgten sie einen zentralisierten Ansatz, was zu einem dramatischen Anstieg der Betriebskosten und zu großen Unannehmlichkeiten bei der Anreise von Patienten führte, die weit entfernt von großen Krankenhäusern wohnen. Durch den Einsatz der Telemedizin können Patienten und Krankenhäuser nun über verschiedene Kommunikationskanäle sowie durch Remote-Überwachung in Echtzeit interagieren. Beispielsweise hat sich Epic, einer der größten KIS-Anbieter mit Sitz in den USA, mit Vidyo zusammengetan, um ein Angebot für Gesundheitsdienste auf Entfernung über Computer und andere Geräte zu ermöglichen. So wird die Echtzeit-Videokommunikation zwischen Kliniken und ihren Patienten oder Mitarbeitern ermöglicht. Innerhalb derselben Anwendung können Ärzte zudem Diagramme erstellen und Zugriff auf Patientendaten und die Verwaltung der Behandlungen erhalten. Telemedizin ermöglicht den Krankenhäusern außerdem, ihre Kosten zu senken, indem sie zusätzlichen Personal- und Platzbedarf reduzieren. So können darüber hinaus ihre Möglichkeiten zur Versorgung von größeren Mengen an Patienten verbessert werden.

Austausch von Gesundheitsinformationen

Der Informationsaustausch im Gesundheitswesen (IAG) ermöglicht die Bereitstellung von Gesundheitsdaten zwischen Organisationen innerhalb einer Region, einer Gemeinde oder eines Krankenhauses. Es gibt drei Haupttypen von IAG:

  • Gezielter Austausch: Senden und Empfangen von gesicherten Informationen zwischen Leistungserbringern auf elektronischem Wege zur Unterstützung einer koordinierten Versorgung.
  • Abfrage-basierter Austausch: Krankenhäuser können Informationen über einen Patienten bei anderen Anbietern finden und/ oder anfordern - dies wird oft für ungeplante Notfallversorgung verwendet.
  • Verbrauchergesteuerter Austausch: Patienten aggregieren und kontrollieren die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten bei den Anbietern.

Ein Beispiel einer strategische IT-Plattform für den Austausch von Gesundheitsinformationen bietet das Tool HealthShare von InterSystems. Die Plattform ermöglicht einen effektiven und sinnvollen Austausch von Gesundheitsinformationen, innerhalb eines Krankenhauses oder Krankenhausnetzwerks oder in einer ganzen Region. Zu den Vorteilen des Systems gehören ein sicherer Zugang zu den Aufzeichnungen und eine verbesserte Übersicht über den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung, sowie reduzierte Kosten durch automatisierte Geschäftsprozesse, ein unterstütztes koordiniertes Versorgungsmanagement und letztlich weniger Wiederaufnahmen von Patienten.

Häusliche Versorgung

Technologische Fortschritte ermöglichen es Patienten mittlerweile, Teile der benötigten Versorgung zu Hause zu erhalten und unnötige Krankenhausbesuche zu vermeiden. Die Patienten können zu Hause mit Biosensoren und „Personal Digital Assistants“ überwacht und über Software rund um die Uhr mit Notfalldiensten, Krankenhäusern, Kliniken und Hospizdiensten verbunden werden. Darüber hinaus kann so die Rezeptverwaltung, der Zugang zu medizinischen Aufzeichnungen und die digitale Unterstützung des Pflegepersonals zu Hause während des Heilungsprozesses der Patienten genutzt werden. Die Softwarelösungen HomeWorks® und RoadNotes® von Cerner unterstützen zum Beispiel Hospizdienste und Krankenhauspersonal bei der personalisierten häuslichen Versorgung. Digitale Funktionen unterstützen die Verwaltung des gesamten Zyklus der Patientenversorgung, den einfachen Transfer zwischen verschiedenen Versorgungsebenen und gleichzeitig die Einhaltung regulatorischer Anforderungen.

Cloud Computing

Cloud Computing kann die Einführung digitaler Gesundheitssysteme in Krankenhäusern fördern, indem es die Kosten für die initiale Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb von Krankenhausinformationssystemen senkt. Dies geht jedoch teils mit einer geringeren Flexibilität des Systems einher. Ein Beispiel für ein Cloud-basiertes System ist das KIS Insta von Practo. Es ist ein Software-as-a-Service (SaaS)-Angebot, das sich an mittelständische Gesundheitsdienstleister richtet. Seine browserbasierten Tools vermeiden langwierige und kostspielige Implementierungszeiten, und seine modulare Produktpalette richtet sich an eine Vielzahl von Gesundheitsdienstleistern.

Es gibt diverse Vor-, aber auch Nachteile, im Zusammenhang mit Cloud Computing. Cloud Computing verspricht beispielsweise nicht unbedingt Kostensenkungen; es geht mehr um Zugänglichkeit und Funktionalität. Der Hauptvorteil von Cloud Computing besteht darin, Zugang zu Rechenleistung und Infrastruktur zu erhalten, deren Aufbau mit eigenen Mitteln schwierig und teuer wäre. Die größte Herausforderung im Zusammenhang mit Cloud Computing ist die Gewährleistung der Informationssicherheit, insbesondere wenn es um den CLOUD Act geht. Der CLOUD Act ermöglicht es den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden, Technologieunternehmen mit Sitz in den USA zu zwingen, angeforderte Daten zur Verfügung zu stellen. Dies ist unabhängig davon, ob die Daten auf Servern innerhalb oder außerhalb der USA gespeichert sind.

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Der Weg zum innovativen, digitalen Krankenhaus

Im Kontext all dieser Veränderungen bestehen bei Krankenhausbetreibern oft hohe Unsicherheiten:

  • welche digitalen Ansätze, Tools und Anbieter sind sinnvoll, damit Ärzte und Pflegepersonal ihre Arbeit im Krankenhaus effizient, kompetent und sicher ausführen können?
  • wie schafft man Akzeptanz für digitale Technologien und radikal veränderte Abläufe?
  • wie sichert man die richtigen Kompetenzen und befähigt effizient das bestehende Klinikpersonal?
  • welche Dienstleistungs- und Outsourcing-Modelle sind zielführend, um die komplexer werdende IT- und Dienstleistungs-Landschaft zu steuern?
  • welche Weiterentwicklung der Krankenhausinformationssysteme über die Kernmodule hinaus sollten angestrebt werden (z.B. weitere spezialisierte Module, wie Wäscherei, Küche, Anästhesie) oder die Vernetzung mit externen Systemen (z.B. Telemedizin, biosensorische Wearables)?
  • wie kann eine offenere Architektur ermöglicht werden, die eine direkte Integration mit Tools und Systemen von Drittanbietern (z.B. Lösungen für die häusliche Versorgung) ermöglicht und diese ihren Patienten über ihre Websites und Anwendungen zur Verfügung stellt?
  • wie kann die Sicherheit der Daten und die Gewährleistung der Interoperabilität verschiedener Systeme sichergestellt werden?

Krankenhausbetreiber und Krankenhäuser stehen mitten in einem Paradigmenwechsel hin zu einem digital ermöglichten Zeitalter – und noch vor einigen Herausforderungen und Hürden.

Die Digitalisierung in Krankenhäusern ist dabei keine reine ITAufgabe – es bedarf einer ganzheitlich gedachten Veränderung. Um sich erfolgreich auf die Zukunft des Gesundheitswesens und der digitalen Interaktion einzustellen, sollten sieben Handlungsfelder berücksichtigt werden:

  1. Definition einer klaren Zukunftsvision & Digitalisierungsstrategie zur ganzheitlichen Betrachtung aller aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse.
  2. Neu-Design etablierter medizinischer und nicht-medizinischer Abläufe (radikal neu-gedacht aus Kundensicht im Rahmen der neuen, digitalen Möglichkeiten) zur signifikanten Erhöhung von Effizienz, Qualität und Patientenzufriedenheit
  3. Sicherstellung sowohl effizienter als auch dynamischer Strukturen, um auf kontinuierliche Veränderungen reagieren zu können.
  4. Innovative Ansätze für eine moderne Unternehmenssteuerung und Mitarbeiterführung.
  5. Intensiver Blick auf das Mitnehmen & Befähigen der Menschen (Mitarbeitende & Patienten).
  6. Aufbau einer zukunftssicheren IT-Struktur.
  7. Eine frühzeitige Berücksichtigung und Einbindung aller relevanten Interessensgruppen.

Solch eine „Transformation“ ist eine Mammut-Aufgabe und zeigt neben den immensen Chancen auch hohe Risiken. Diese können jedoch aktiv gesteuert werden, um erfolgreich zu sein. Unserer Erfahrung aus erfolgreichen, digitalen Veränderungsprojekten nach, gibt es einige Faktoren, die den Erfolg besonders begünstigen:

  • Große Unterstützung durch das Management und den Willen zur Transformation
  • Eine abgestimmte Vision zwischen Management und Krankenhauspersonal über das Gesamtziel der Veränderung.
  • Enge Abstimmung der IKT-Systemstrategie mit den Gesamtzielen und der Vision.
  • Enge Integration in den klinischen Betrieb, um neue Arbeitsweisen voranzutreiben.
  • Erarbeiten eines Gesamtplans mit stufenweiser Einführung statt eines verstreuten, stückweisen Ansatzes.
  • Ein agiles, iteratives Vorgehen mit einer kontinuierlichen Fortschrittsüberwachung und Möglichkeiten zur Nachjustierung der definierten Vorgehensweisen und Konzepte.
  • Umfassende Beteiligung des medizinischen und nichtmedizinischen Krankenhauspersonals in die Konzeption und Umsetzung. Es muss ein Verständnis und insbesondere ein hohes Vertrauen in die Bedeutung der digitalen Technologien für das Krankenhaus geschaffen werden.
  • Ein aktives und breit wirkendes Kommunikations- und Veränderungsmanagement ab Tag 1.

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Fazit

Krankenhäuser sind einem verstärkten Druck ausgesetzt, auf die Veränderungen im Gesundheitssystem und in den digitalen Möglichkeiten zu reagieren. Es besteht ein enormer Nachholbedarf. Die aktuellen Entwicklungen und Förderprogramme der Regierung bieten optimale Bedingungen, um bei der Digitalisierung aufzuholen. Gleichzeitig zeigen sich aktuell einmalige Möglichkeiten durch finanzielle Beteiligung des Staates im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG). Krankenhäuser sollten diese Chance jetzt nutzen und sich für die Zukunft der Gesundheitssysteme aufstellen. Um diese Modernisierungen erfolgreich durchzuführen und einen signifikanten Mehrwert für Krankenhäuser und Krankenhausbetreiber zu ermöglichen, ist ein ganzheitlicher Blick erforderlich: Die notwendigen Veränderungen sind keine reine IT Aufgabe sondern bedürfen der Betrachtung der gesamten Abläufe und Strukturen, und insbesondere das Mitnehmen und Befähigen der Menschen (Mitarbeitende & Patienten).

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Arthur D. Little, der richtige Partner

Mit umfassenden Erfahrungen und Erfolgsgeschichten ist Arthur D. Little einzigartig positioniert, um Krankenhäuser auf ihrer digitalen Veränderungsreise zu begleiten:

  • Entwicklung und Umsetzung von Innovationsstrategien
  • Identifizierung und Implementierung von Krankenhausinformationssystemen
  • Neu-Design von Prozessen und Abläufen zur optimalen Nutzung neuer, digitaler Möglichkeiten
  • Reorganisation von Krankenhäusern und anderen Unternehmen des Gesundheitssektors
  • Identifizierung von Wachstumsplänen für neue Krankenhäuser, Unternehmen oder Projekte
  • Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

Wir stehen für die Verknüpfung von Strategie, Innovation und Transformation im Gesundheitssektor und anderen Industrien. Unsere internen Experten kombinieren umfassende Erfahrung mit regionalen Kenntnissen und Branchen-Knowhow.

Unser umfassendes, globales Expertennetzwerk stellt darüber hinaus sicher, dass jeder Kunde die bestmögliche Expertise nutzen kann, entsprechend den Herausforderungen und dem Kontext, mit denen das Unternehmen konfrontiert ist.

Wir sehen Beratung als partnerschaftliche Zusammenarbeit. Wir arbeiten Seite-an-Seite (side-by-side) mit unseren Kunden – auf allen Ebenen. Digitalisierung und Innovation geht für uns nur für und mit den Menschen.

Weitere Informationen zu unserem Digital Shift Ansatz finden Sie hier: https://www.adlittle.com/digitalshift/

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